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Im Rückblick: Reger Austausch bei Mitmach-Talks zur Zukunft des Grundgesetzes

Live-Aufzeichnung für die neuen Podcast-episoden „In guter Verfassung? Das Grundgesetz für morgen"

Anfang September lud die Stiftung Forum Recht zusammen mit dem Podcast-Radio detektor.fm zu zwei interaktiven Podiumsgesprächen in Leipzig ein. Im Zentrum des Abends stand die Frage: „35 Jahre Friedliche Revolution: Wurde eine historische Chance verpasst, sich eine gemeinsame Verfassung zu geben?“

Auf dem Podium in den Räumen der Stiftung diskutierte Podcast-Host Rabea Schloz mit drei Gästen aus Justiz und Politik. Das Publikum hatte die Möglichkeit, sich mit Fragen und per Abstimmung zu beteiligen. Die Talks fanden im Rahmen der gemeinsamen Podcast-Reihe „In guter Verfassung? Das Grundgesetz für morgen“ von detektor.fm und der Stiftung Forum Recht statt. In der nächsten Folge, die am 25. September erscheint, können Sie in die Gespräche reinhören.

Die Juristin Prof. Dr. Maria Wersig war Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds und spricht erstmals im Podcast „In guter Verfassung?". Foto: Ina Lebedjew

Eine selbstbestimmte Wiedervereinigung

Rabea Schloz blickte zunächst gemeinsam mit dem Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Alexander Thiele und der Juristin Prof. Dr. Maria Wersig sowie in einem zweiten Gespräch mit Markus Meckel, Theologe und erster frei gewählten Außenminister der DDR (1990), zurück auf die Ereignisse 1989/1990 und die Verhandlungen rund um die Deutsche Einheit. Neben persönlichen Erinnerungen kreiste das Gespräch intensiv um die Frage, warum damals keine neue gemeinsame Verfassung entwickelt wurde und was diese Entscheidung der Politik für Folgen bis ins Heute hat.

Der Wunsch, so schnell wie möglich der BRD beizutreten, sei damals Konsens gewesen und demokratisch von den Bürger:innen der DDR gewollt, betonte Prof. Dr. Alexander Thiele und bezog sich dabei auch auf die Ergebnisse der Volkskammerwahl im März 1990.

Auch Markus Meckel sah in den Wahlergebnissen vom März 1990 ein starkes Mandat für eine schnelle Einheit. Im Gespräch mit Rabea Schloz gab er Einblicke in die Demokratisierungsprozesse, von seiner eigenen Beteiligung an der Parteigründung der Sozialdemokratischen Partei SDP 1989 bis hin zu den Verhandlungen des Zentralen Runden Tisches. Er unterstrich: „Wir sind selbstbewusst und selbstbestimmt in die Deutsche Einheit gegangen. Das will ich in der Erinnerungskultur stärker wahrgenommen wissen.“

Prof. Dr. Maria Wersig beschrieb die Wende als prägend für alle in ihrer Generation, eine Zeit, die mit großen ökonomischen Umbrüchen verbunden war: „Es gab keinen Fahrplan.“ Ost und West seien in vielen Bereichen bis heute ungleich repräsentiert und hätten auch ökonomisch immer noch nicht gleichgezogen.

Haben wir die Teilung in Ost und West überwunden?


Mit zwei Abstimmungsrunden holte Host Rabea Schloz im Verlauf der Gespräche die Meinung des Publikums ein. Die Frage, ob die Teilung in Ost und West mittlerweile überwunden sei, verneinte die große Mehrheit. Ein Großteil der Anwesenden stimmte wiederum zu, dass eine Chance verpasst wurde, sich eine gemeinsame Verfassung zu geben. Eine aktivere Einbeziehung der Bürger:innen hätte identitätsstiftend sein können, so eine Wortmeldung aus dem Publikum.

Mann mittleren Alters vor einem Mikrophonständer, sitzend auf dem Podium, gestikuliert stark.
Liveauftritt: Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Alexander Thiele in Leipzig. Foto: Ina Lebedjew
Älterer Mann mit schütterem weißen Haar auf dem Podium spricht engagiert ins Mikrophon.
Markus Meckel, erster frei gewählter Außenminister der DDR (1990) im Gespräch in Leipzig. Foto: Ina Lebedjew

Wurde die Chance auf eine gemeinsame Verfassung verpasst?

Dass es damals keine öffentliche Debatte über das Grundgesetz als gesamtdeutsche Verfassung gegeben habe, habe bis heute Auswirkungen, meinte auch Markus Meckel: „Das hat bis heute, wie ich glaube, zu Verletzungen bei vielen geführt.“ Er habe die Position vertreten, das Grundgesetz noch einmal gemeinsam durchzugehen. Dennoch: Er möchte mit keinem Land die Verfassung tauschen, zog er als persönliches Fazit.

Rabea Schloz blickte mit ihren Gästen nicht nur zurück, sondern auch in Richtung Zukunft. Sowohl Maria Wersig als auch Alexander Thiele nannten dabei eine Stärkung und Absicherung des Bundesverfassungsgerichts als wichtigen Punkt. Beide machten sich auch für eine aktive Diskussionspraxis zu politischen Themen stark.

Die Gespräche zum Anhören

Mehr aus den Gesprächen hören Sie ab 25. September in der 9. und vorletzten Podcast-Folge von „In guter Verfassung? Das Grundgesetz für morgen“ sowie in der letzten Folge am 9. Oktober. Alle Episoden können Sie hier auf der Webseite oder überall dort, wo es Podcasts gibt, anhören.

Der Podcast

In diesem Jahr wird das Grundgesetz 75 Jahre alt und feiert seine 35-jährige Gültigkeit im wiedervereinigten Deutschland. Unser Live-Podcast „In guter Verfassung? Das Grundgesetz für morgen“ geht der Frage nach: Wie steht es um das Grundgesetz und seinen Stellenwert in der deutschen Gesellschaft? Was bedroht es von außen, was von innen – von Folgen des Klimawandels bis hin zur Unterwanderung durch Rechtsextreme. Wie lässt es sich besser schützen, aber auch gestalten? Und welche Rolle spielen Rechtsstaat und Grundgesetz eigentlich in unserem Alltag? Seit dem 08. Mai 2024 veröffentlichen wir alle zwei Wochen insgesamt zehn Folgen, die wir zusammen mit dem Podcast-Radio detektor.fm entwickeln.

Die Episoden bündeln die Ergebnisse der Gespräche thematisch und sind so ein neues, eigenständiges Erlebnis für die Teilnehmer:innen und Ersthörer:innen. Alle Folgen finden Sie auf unserer Webseite und überall dort, wo es Podcasts gibt.

Türkise Neonschrift in Versalien mit dem Titel der Veranstaltung "In guter Verfassung? Das Grundgesetz für morgen" Darunter die Logos von detektor.fm und Stiftung Forum Recht
Auf das Bild klicken und reinhören: „In guter Verfassung? Das Grundgesetz für morgen“ ist eine zehnteilige Podcast-Reihe der Stiftung Forum Recht und detektor.fm.
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