Menu Schließen

16. Dezember 2025

Rückblick auf die Studienreise „Rechtsstaat in Deutschland“

Zwischen Stuttgart und Berlin dem Rechtsstaat auf der Spur

Auf dem Gelände sind zwölf Dienststellen untergebracht, zudem noch Hunde und Pferde. 28 Erwachsene laufen über das ehemalige Kasernengelände der heutigen Polizeiinspektion Nürnberg-West. Der Grund: Wissensdurst. Sie sind Teilnehmende der ersten Studienreise der Stiftung Forum Recht zum Thema „Rechtsstaat in Deutschland“, die vom 19. bis 25. Oktober 2025 stattfand. „30.000 Einsätze haben wir hier im Jahr, nur 50 davon sind mit Gewalt verbunden“, erklärt Polizeidirektor Peter Herold, Leiter der Polizeiinspektion Nürnberg-West. „Als Teil der Exekutive im demokratischen Rechtsstaat setzen wir Gesetze durch und garantieren die öffentliche Sicherheit“.

Gruppenbild der Teilnehmenden der Studienreise vor dem Bundesverwaltungsgericht

Einblicke wie diese waren es, die die siebentägigen Reise ermöglichten. Ziel war es, den Teilnehmenden Einblicke in die Praxis des deutschen Rechtsstaats zu geben sowie einen tiefgehenden Austausch zu den aktuellen Herausforderungen für das Recht zu bieten. Die Reise führte die Gruppe in fünf Städte: Karlsruhe, Stuttgart, Nürnberg, Leipzig und Berlin. Die Reiseleitung übernahmen drei Mitarbeitende der Stiftung Forum Recht: Thomas Stelzl, Leiter der Abteilung Vermittlung und Bildung, Felicia Stahnke, Mitarbeiterin der Bereiche Programm und Vermittlung, sowie Volontärin Laura Pozzato.

Führungen durch bedeutende Gerichte und an Orte des Rechts, wie eben eine Polizeidienststelle, das Kennenlernen wissenschaftlicher Institutionen, wie das gerichtsmedizinische Institut in Leipzig, oder Gedenkstätten, wie das Memorium Nürnberger Prozesse, wurden ergänzt von Diskussionen und Vorträgen u.a. mit Jurist:innen, Richter:innen, Journalisten und Wissenschaftler:innen.

Von Recht in Redaktionen bis Unrecht der Generationen

In der ARD-Rechtsredaktion in Karlsruhe standen die Teilnehmenden vor dem Greenscreen, während Rechtsexperte Frank Bräutigam Backstage-Infos aus dem Redaktionsalltag verriet. Mit Richterin Christiane Schmaltz von Bundesgerichtshof diskutierten sie über KI und Diversität im Gerichtssaal. In der Justizvollzugsanstalt Stammheim erfuhren sie, dass sogar Handyspürhunde zum Team gehören. Im Justizpalast Nürnberg diskutierten sie mit dem Präsidenten des Landgerichts Nürnberg-Fürth Andreas Zwerger sowie Richter:innen des Landgerichts und der Oberstaatsanwältin über die Verantwortung und Bedeutung von Schöffen. Im Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe stand ihnen Verfassungsrichter Thomas Offenloch Rede und Antwort.

800 Sektionen führt das Institut für Rechtsmedizin in Leipzig jährlich durch, davon 200 an lebenden Menschen nach Misshandlungen oder Übergriffen. Hier sprachen die Teilnehmenden auch über Organspende und die Bedeutung der Gerichtsmedizin für den Rechtsstaat. Von den Herausforderungen des Zugangs zu Recht für Jugendliche erzählte Lilja Székessy von der Rechtsberatung des Berliner Anwaltsvereins. Sie lernten außerdem Ariane Keitel aus dem Stiftungsreferat im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz in Berlin kennen. Gemeinsam mit Bijan Moini von der Gesellschaft für Freiheitsrechte reflektierten sie darüber, was jede:r Einzelne gegen das Erstarken rechten Gedankenguts in der Mitte der Gesellschaft tun kann. Auf ein Seminar mit Ralf Oberndörfer in der Gedenkstätte „Topographie des Terrors” in Berlin folgte der Besuch der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen – einem Gefängnis, das in zwei Diktaturen zum Mahnmal des Grauens wurde.

Lesen Sie hier über die einzelnen Programmpunkte je Reisetag!
Teilnehmende der Studienreise sitzen in einem Kreis in der Stiftun Forum Recht und hören einem Vortragenden zu

Die Studienreise begann am Sonntag, 19. Oktober, in Karlsruhe. Am Nachmittag trafen sich die Teilnehmenden in der Stiftung Forum Recht zum gemeinsamen Kennenlernen. Ein erster Einblick in die „Residenz des Rechts“ erfolgte bei einem Stadtrundgang „Recht stadtlich!“ mit dem Team der Stiftung Forum Recht. Am Abend standen zwei fachliche Impulse auf dem Programm: Dr. Detlev Fischer, ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof, sprach über „Die Aufbaujahre der Residenz des Rechts“, gefolgt von einem Vortrag des Präsidenten des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Jörg Müller, der sich der Frage widmete: „Kann die Justiz die Demokratie retten?“

eine Frau steht mit dem Rücken zur Kamera und schaut auf eine reihe von Bildschirmen und einem Mischpult.

Der Montag, 20. Oktober, führte die Gruppe in das Bundesverfassungsgericht, wo ein vertiefender Einblick gewährt wurde. Im Anschluss hielt der Anwalt Maximilian Hohmann, unter anderem spezialisiert auf Verfassungsbeschwerden, einen praxisnahen Vortrag. Weiter ging es zum Bundesgerichtshof (BGH): Nach einer Führung fand ein Gespräch mit der BGH-Richterin Christiane Schmaltz statt. Den Abschluss des Tages bildete der Besuch der ARD-Rechtsredaktion des SWR, wo ein Austausch mit den ARD-Rechtsexperten Frank Bräutigam und Kolja Schwartz stattfand.

eine Akte mit der Aufschrift Personalakten Enßlin, Gudrun wird in die Kamera gehalten

Am Dienstag, 21. Oktober, besuchten die Teilnehmenden zunächst die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Danach führte die Reise weiter nach Stuttgart, wo die Gruppe in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim Einblicke in den Justizvollzug erhielt und mit dem Anstaltsleiter Matthias Nagel ins Gespräch kam. Im Anschluss ging es weiter zum Staatsarchiv Ludwigsburg. Dort hielten Dr. Peter Müller und Dr. Elke Koch einen Vortrag zu „Stammheim und die RAF“. Nach einem gemeinsamen Abendessen in Ludwigsburg fuhr die Gruppe noch am Abend nach Nürnberg.

Ein Schwarz Weiß Bild wird in die Kamera gehalten. Auf dem Bild ist ein Gerichtssaal voller Menschen zu sehen. Der selbe Gerichtssaal ist auch unscharf hinter dem Schwarz weiß Bild zu sehen

Der Mittwoch, 22. Oktober, war der Auseinandersetzung mit der Geschichte und Gegenwart der Justiz gewidmet. In Nürnberg besuchten die Teilnehmenden das Memorium Nürnberger Prozesse und erhielten eine Führung durch den Justizpalast. Sie nahmen zudem an einer Strafverhandlung teil, gefolgt von einer Fragerunde mit einer Richterin des Oberlandesgerichts Nürnberg. Am Nachmittag stand ein Besuch der Polizeiinspektion Nürnberg-West auf dem Programm. Anschließend erfolgte der Transfer nach Leipzig.

Eine Gruppe an Menschen sitzt in einem opulenten Saal in Stuhlreihen. In dem Raum stehen auch einige Personen und machen Fotos

Am Donnerstag, 23. Oktober, begann das Programm mit einer Führung durch das Bundesverwaltungsgericht und einem Gespräch mit der Richterin Prof. Dr. Isabel Schübel-Pfister. Ein weiterer „Recht stadtlich!“-Stadtrundgang führte nun durch Leipzig. Anschließend besuchte die Gruppe das Institut für Rechtsmedizin der Universität Leipzig. Am Nachmittag folgte ein Impulsvortrag: Dr. Anselm Hartinger, Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig, gab Einblicke in die Arbeit des Museums im Bereich der Rechtsstaatsvermittlung. Nach einem anschließenden Workshop in den Stiftungsräumlichkeiten, erfolgte am Abend die Weiterreise nach Berlin.

Einige Menschen stehen vor einer weißen Wand auf der unterschiedliche Schwaz-weiß-Fotos aufgeklebt sind. Eine Person zeigt auf eine alte Deutschlandkarte, die ebenfalls an der Wand hängt

Der Freitag, 24. Oktober, widmete sich der gegenwärtigen Rechtsstaatsarbeit in Politik und Zivilgesellschaft. Zunächst trafen die Teilnehmenden die Rechtsanwältin Dr. Lilja Székessy, die sich im Berliner Anwaltsverein besonders für die Rechtsberatung von Jugendlichen engagiert, und erhielten im Anschluss einen Einblick in unterschiedliche Tätigkeitsbereiche des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz. Danach stand ein Besuch bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte auf dem Programm, wo Bijan Moini das Projekt AfD-Gutachten vorstellte und mit der Gruppe über die Möglichkeit eines Parteiverbotsverfahrens sprach. Am Nachmittag fand im Dokumentationszentrum Topographie des Terrors ein Seminar zur „Politischen Justiz im Nationalsozialismus“ mit Ralf Oberndörfer statt.

Einige Personen stehen in einem Raum vor einem grauen Bus und schauen durch die Tür in den Bus.

Am Samstag, 25. Oktober, besuchte die Gruppe die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, wo die Auseinandersetzung mit politischer Repression in der DDR im Mittelpunkt stand. Eine gemeinsame Abschlussrunde rundete die Studienreise ab, bevor der Bus die Teilnehmenden zurück nach Karlsruhe brachte oder sie individuell mit dem Zug nach Hause fuhren.

Rechtsstaat in Vergangenheit und Gegenwart

Ein zentrales Thema der Studienreise war die Frage, wie das Recht in unserer Gesellschaft wirkt und sich in den verschiedenen Lebensbereichen der Teilnehmenden wiederfindet. Historische Perspektiven, etwa die Auseinandersetzung mit den Nürnberger Prozessen oder der Rechtsstaat unter dem Nationalsozialismus und der DDR, wurden dabei ebenso berücksichtigt wie die rechtsstaatliche Praxis der Gegenwart. Der „rote Faden“ der Reise war der Rechtsstaat in seiner gesamten Dimension – von der Vergangenheit bis zur Gegenwart.

Die Teilnehmer:innen, die aus unterschiedlichen Bereichen wie (politischer) Bildung, Sozialarbeit, Medien und Justiz kamen, konnten durch die praxisnahen Einblicke und den interdisziplinären Austausch nicht nur ihr Wissen vertiefen, sondern auch neue Perspektiven und Ideen für ihre eigene Arbeit gewinnen. Die Studienreise bot somit eine ausgezeichnete Gelegenheit, die eigene Rolle in der Rechts- und Rechtsstaatsvermittlung weiterzuentwickeln.

Ausblick

Für das Jahr 2026 plant die Stiftung Forum Recht eine Internationale Studienreise zu den Themenfeldern Internationales Recht und Völkerrecht. Die Route soll von Karlsruhe aus unter anderem nach Straßburg, Luxemburg, Brüssel und Den Haag führen. Im Herbst 2026 laden wir Interessierte zu unserem Symposium nach Leipzig ein. Bereits für Ende Februar wird derzeit ein Thementag in Nordrhein-Westfalen zum Thema „Verfassungsschutz“ organisiert, für welchen Sie sich ab Anfang des Jahres anmelden können. Nutzen Sie die Gelegenheit, Ihr Wissen zu vertiefen und Ihre Perspektiven zu erweitern. Wir freuen uns darauf, Sie bei einem der kommenden Vermittlungsangebote begrüßen zu dürfen.

Hier finden Sie die Informationen aus der Ankündigung.

Zum Inhalt springen